Valle Mirta

La Junta, Valle Mirta, Lago Claro Solar (Bauernfamilie)

Am nächsten Tag kommen wir über La Junta, wollen Strecke machen. Wenn da nicht eine kleine Piste in die Berge abgehen würde, nicht auf der Landkarte, aber auf Ralfs GPS-Karte, mit dem verheißungsvollen Namen Valle Mirta. Die Piste führt in eine alpine Landschaft mit vereinzelten Bauernhöfen, die Sonne scheint, es ist sehr schön, wird aber immer heißer. Bei 35° im Schatten lagern wir bis 20 Uhr abends an einem kleinen, klaren, schnellen, saumäßig kalten Gebirgsflüsschen, dem Rio Mirta. Jede Stunde tauchen wir für ein paar Minuten ein, um schnell wieder herauszuspringen, denn in diesem Fluss fließt Gletscherwasser. Gegen Abend naht eine chilenische Familie und Schluss ist mit Nackedei. Wir wickeln uns in aller Eile in Handtücher, weil diese freundlichen Menschen sofort herüberkommen, um uns zu begrüßen. Als es kühler wird, wollen wir noch ein paar Kilometer machen.

Nur wenig weiter: An der Piste steht ein einfaches Holzschild: Zugang zum Lago Claro Solar. Da muss man doch mal gucken, meint Ralf. Zäune verschiedenster Arten, am beeindruckendsten ist ein Tronco-Zaun aus meterdicken Baumabschnitten. Das dicke Schwein dahinter dreht mir seinen fetten Hintern zu und hört nicht auf „Dutzidutzi“ und andere liebevolle Zurufe. Währenddessen hält ein Pick-Up neben uns. Zwei Männer fragen nach dem woher und wohin und bestätigen, dass es hier zum See geht. Ein Stück weiter hält der jüngere uns sogar das Gatter auf. Die beiden scheinen auch zum See zu wollen. Sie ruckeln sachte vor uns her, wieder ein Gatter, dann fährt der Ältere zu einem Wohnhaus. Der junge Mann geht uns voraus über eine Viehweide, bis zum Seeufer, zwei Boote dümpeln in der kleinen Bucht. Es stellt sich heraus, dass wir gerade den Besitzer samt Schwiegersohn kennengelernt haben. Um die Konditionen zu klären, begleiten wir Patricio samt inzwischen eingetroffenem Töchterchen Alison-Daniela und Pudel Augustin zum Wohnhaus. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, auf zwei fetten, ausgelutschten Sesseln Platz nehmen und bekommen von der Hausfrau ein Getränk und ein frittiertes Brötchen gereicht. Nacheinander betritt die Restfamilie den Raum und wir hieven uns jedes Mal mühevoll aus dem Sessel und werden von jedem einzelnen geherzt und abgeküsst. Insgesamt 6 mal. Smalltalk, dann bekommen wir Essen, heiße Dusche, Gästezimmer, Frühstück, Bootstour samt ruderndem Vater angeboten, lehnen aber alles ab und gehen zum See. Es ist schon spät, fast dunkel. Eine Bootstour wäre nett. Wir schieben das Ruderboot ins Wasser und mein Kavalier schnappt sich die Ruder. „Ich stake uns damit raus!“ Leider liegen in der kleinen Bucht jede Menge Baumstämme und dicke Findlinge, nur ein schmaler Durchgang ist frei. Den kann man aber im Halbdunkel nicht erkennen. Wir hängen schließlich auf einem Baumstumpen fest, wegen dem ganzen Schilfzeug kommen wir weder vor noch zurück, und als wir endlich im Vollmondschein auf den See hinauspaddeln, ist es komplett dunkel geworden.

Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, als ich gerade mein Würstchen im Gebüsch abseile, erscheinen die Frauen. Ich schaffe es gerade noch, mir die Hose hoch zu ziehen und schon werde ich herzlich begrüßt. Die Boote sollen geschrubbt werden, damit wir es schön haben. „ Nicht nötig, wir waren doch gestern Abend schon auf dem See usw.“, aber der Reinigungstrupp lässt sich nicht abhalten. Etwas später kommen wir zum Wohnhaus hoch und wollen unsere Bootstour bezahlen. Enttäuschte Gesichter. Wie, wir wollen fahren? Jetzt schon? Dazu muss man sagen, dass die hiesigen Bauern sehr weit abgelegen von sämtlicher Besiedelung liegen und mit wenigen Tieren und Selbstversorgung kaum Geld erwirtschaften können. Der Vater hätte z.B. gerne Geld verdient, um sich einen Zahnersatzanfertigen zu lassen – nehme ich jedenfalls an. Mit den acht Restzähnen in seinem Mund war jedenfalls nicht viel mit Kauen. Die Situation war irgendwie ein bisschen peinlich, aber der Platz war einfach nicht schön genug, um unseren Ansprüchen zu genügen: Mieser Seezugang, schräger Standplatz, kein Seeblick, keine Badebucht, die ganze Nacht Muhen und Bellen und jede Menge Insekten…

Bei der Weiterfahrt landen wir nach einigen Kilometern mal wieder vor einer Brücke mit Höhenbegrenzung – natürlich wie immer ohne Hinweisschild – so dass wir den kompletten Hinweg wieder zurückfahren müssen. Obwohl wir schon fast beim nächsten Dorf angekommen waren. Und die Piste wird auch noch frisch gegradet (gepflügt, geeggt und wieder geglättet), zum Glück lässt der Grader uns bald vorbei und wir zockeln Richtung Futaleufú.

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