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Rouladen in Sicht

Wir sind wieder im deutschen Winter angekommen! *brrrr* Regen bei 7°, bedeckt, Rest-Schneefelder. Mein liebster Schwager Herbert hat uns vom Flughafen DUS abgeholt. Ansonsten ist der einzige Lichtblick an diesem Tag die hausgemachten Rouladen, welche Herbert extra für uns gekocht hat!

Tage zuvor sind wir per Fähre von Buenos Aires nach Colonia in Uruguay über den Rio de la Plata geschippert:

Uruguay ist ungefähr so groß wie Deutschland, hat aber nur 3,4 Millionen Einwohner – und 10 Millionen Rindviecher. Die Landschaft ist flach und wird fast komplett landwirtschaftlich genutzt. Die Küste ist schön: Weitläufige, helle Sandstrände, Dünen, manchmal Wälder mit Eukalyptusbäumen und Palmen bis an den Meeressaum, einige Steilhänge. Im Mündungsgebiet des Rio de la Plata (unser Übernachtungsplatz) war das Wasser schlammig braun mit grünen Partikeln. Wir sind eher widerwillig ins Meer gegangen, besonders erfrischend war es eh nicht, eher wie abgekühltes Badewasser.

Im Dorf Libertad bekam der Sprinter eine Generalreinigung. Unser Termin: 17 Uhr an der Tanke. In Südamerika gibt es kaum Autowaschanlagen, man wäscht von Hand. Zwei junge Männer haben drei Stunden lang geschrubbt, um den Schlamm der vergangenen Monate abzuwaschen, zwischendurch hatten sie sogar noch Hilfe von einer Mutti. Wir waren währenddessen in einer Bar (klimatisiert) mit Wifi. Abends fuhren wir zurück zu unserem schönes Ü-Platz im Eukalyptushain, exponiertes Plätzchen am Steilhang mit Blick auf die Küste. Auch abends waren es noch 37°, viel zu warm zum Schlafen. Erst mal die Fenster aufmachen! Plöpp!!! Eines der Seitenfenster machte den Abgang und lag dann neben dem Auto. Alle Fenster und die Seitentür weit geöffnet lagen wir nackig auf dem Bett. Ich hatte mich mit einem feuchten Handtuch zugedeckt, die Hitze war unerträglich. Irgendwann sind wir dann doch eingeschlafen, denn wir wurden von einem wilden Sturm, prasselndem Regen, Blitz und Donner geweckt. Draußen ein lautes Geschepper, der Tisch war zur Seite geweht und Besteck, Salatreste und Plastikgeschirr flogen durch die Gegend. Wir sprangen aus dem Bett, schnell Fenster und Türen zumachen, alles ins Auto werfen, Keile unter den Rädern wegziehen, Auto umsetzen. Draußen alles stockdunkel, Ralf am Steuer, ich nackt mit Stirnlampe draußen, als Einweiser, während der Wind mir Sand und kleine Äste an den Leib schleuderte. Weil eines der Fenster fehlte, musste Ralf das Auto aus dem Regen drehen. Links und rechts ging es ziemlich steil abwärts, überall bildeten sich Wasserrinnen und Pfützen. Am nächsten Morgen sah das frisch gewaschene Auto nicht mehr ganz so sauber aus.

Montevideo, Ciudad vieja (Altstadt),19.2. Die letzte Station unserer Reise. Parkplätze sind hier Mangelware, die Parkwächter belegen jeden Zentimeter. Man wird nach der Parkzeit gefragt und stellt das das Auto in erste, zweite oder dritte Reihe.

Die Abwicklung im Hafen ging zügig, das Hotel war prima, mit Pool und luxuriös großem Zimmer mit Fenstern und Klimaanlage. Naja, das Bett hat mächtig gequietscht, obwohl wir uns kaum bewegt haben. Der Kühlschrank musste erst mal ausgewechselt werden, weil er tot war. Die Klimaanlage machte Lärm und tropfte gelegentlich Pfützen auf den Holzfußboden. Aber die Angestellten waren äußerst zuvorkommend. Und es gab zwei Dachterrassen, eine mit beleuchtetem Pool und Palmen. Wie zwei junge Robben sind wir zwei im Pool herumgeplantscht, meistens ganz für uns, schwimmend und hüpfend und kichernd. Unser zweiter Lieblingsplatz: Die Sessel vor dem Hoteleingang (Fußgängerzone), wo wir am letzten Morgen, 20.2. mit frisch gepressten Orangensaft und Fruchtsalat, bei lauem Lüftchen und 26° gefrühstückt haben.

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auf dem Weg nach Laramy, die Sonne putzen

Rückreise über Panguipulli, Conaripe, Villarica, Pucon, Currarehue (alle Chile), Grenzübergang Mamuil Malal, Junin des los Andes, Piedra de Aguila, Neuquén, Bahia Blanca, Sierra de la Ventana, La Plata (vor Buenos Aires)

In Chile ist die Hölle los. Anscheinend fährt das ganze Land in Urlaub, bei dem schönen Wetter aber auch kein Wunder. Die Seen, die auf unserer Route liegen, sind völlig überlaufen. Ab und zu hüpfen wir mal ins Wasser, schwimmen eine Runde und flüchten dann, so schnell wir können. Die Einheimischen, die immer familienweise anlanden, fühlen sich am wohlsten, wenn ein Holzfeuer kokelt, Fleisch röstet und Wasser für den allgegenwärtigen Matetee simmert. Da reisen gerne mal 10 Menschen in einem Pickup an, auf der Ladefläche sind mit ein paar Stricken ein Kühlschrank, ein paar Matratzen, Stühle, Zelte, Tisch, ein kleiner Generator zur Stromerzeugung und andere lebensnotwendige Dinge festgezurrt. Viele fahren aber auch mit Anhängern, um ein Quad oder Motorräder mitzunehmen. Damit kann man herrlich über den Strand knattern. Oder ein Motorboot. Damit kann man herrlich über den stillen See knattern. Dazu volle Pulle Musik aus den Autolautsprechern, entweder spanische Schnulzen mit corazon, alma, amor (Herz, Seele, Liebe) oder Reggaetonmusik mit Rummtata-Rhytmus. Hinterher kann man anhand der Müllberge sehen, was zu speisen beliebte, hauptsächlich bleiben Limo- und Bierflaschen zurück, kaputte Gummiboote und Mengen von Klopapier (gebraucht, in kleinen Portionen im Gebüsch verteilt). Ein Ranger im Nationalpark meinte neulich, dass viele der freien Campingplätze geschlossen würden, weil der Müll überhandnimmt. Die Argentinos sind übrigens genauso, Natur wird konsumiert und aufgebraucht.

Über Panguipulli (Autobahn) und Conaripe (Piste). Abends gegen 18 Uhr (Sehr zeitig, wir wollten nicht noch einmal vor verschlossener Grenze stehen), etwa 15 Km von der Grenzstation entfernt, plötzlich ein Schild: Grenze geschlossen. Das darf doch nicht wahr sein! Beim Nachfragen in der Polizeistation: Das hätte die Provinzverwaltung in Valdivia so beschlossen, die Grenze wäre nicht mehr passierbar. Wir waren stinksauer, aber es half nichts – 200 km Umweg bis zur nächsten Grenze, ein großer Teil davon über schlechte Staubpisten. Hätten diese Arschgeigen nicht mal vor der Piste Schilder aufstellen können! Über Conaripe und Panguipulli nach Villarica, Pucon, Currarehue…lange Schlangen an der Tankstelle, noch längere Schlangen vor den kleinen Städten (10-17 km), weil abends alle Urlauber von den Seen kamen, scharf auf Restaurants und Party.

An einem unserer Übernachtungsseen (bei Panguipulli) hatten wir abends das Auto grenztauglich gemacht, also alles an Obst, Gemüse, Honig aufgegessen, den Rest gekocht, alle Steine und Muscheln versteckt. Einige Schneckenhäuschen hatten übel nach Verwesung gestunken, deshalb hatten wir sie gewaschen, sortiert und einige davon an den Strand gelegt, damit sie von Kindern gefunden werden könnten. Am nächsten Morgen kam eine Horde kleiner Schweinchen, die den Strand entlang schnüffelten und wir hörten bald ein Geräusch: „Krrtknnrkrtkrt. Schmatzschmatz. Krrt.“

Am nächsten Tag ging die Fahrt bis Tagesende. Im Dunkeln kamen wir an einen kleinen See, 20 km vor der Grenzstation (Mamuil Malal), über 1000 Meter hoch. Beim letzten Mal war dieser See voller toter Fische gewesen, diesmal standen überall Schilder, auf denen vor giftigen Algen gewarnt wurde, wir haben also auf das Schwimmen verzichtet. Die Nacht war sehr kalt (Im Auto nur 7°), aber morgens schien die Sonne und es war ruhig, nur Vogelgezwitscher und Autos, die die Grenzstraße fuhren – davon allerdings relativ viele.

Kurz vor der Grenze standen wir überraschend im Stau. Eine Stunde in praller Sonne für den letzten halben Kilometer und noch einmal eine halbe Stunde in der Grenzstation. Und es kam noch schlimmer. Kurz nach der chilenischen Station begann der Stau der argentinischen Grenze. Später blockierte er die chilenische Abfertigung. 1:0 für Chile. Zum Glück der erste Teil der Passstraße bewaldet, schöne alte Araukarien und andere große Bäume, die Schatten spendeten, denn es war mittlerweile sehr warm geworden. Gegen Mittag wurde es verdammt heiß im Auto, und nicht nur in unserem. Viele Familien, darunter Schwangere, Kleinkinder, Alte; stiegen aus und hockten sich am Wegesrand in den Schatten, andere ließen über Stunden den Motor laufen und stinkerten die anderen ein, um es im Inneren mit der Aircondition schön kühl zu haben. Ein Pärchen drehte seinen Ghettoblaster auf und zeigte eine Street Dance-Vorführung – Appplausss! Nach drei Stunden im Stau und einer halben Stunde in der Grenzstation waren wir endlich in Argentinien, hungrig bis zum Anschlag und stinkesauer. Der arg. Zollbeamte, welcher sogar stolz seine Deutschkenntnisse zum Besten gab, meinte „Da stehen die Deppen 5 Stunden und mehr an der Grenze – haha“.

An einem See hinter der Grenze verbrachten wir unsere „Mittagspause°, das Wasser war herrlich klar und kühl, aber wir waren leider nicht die Einzigen – um uns herum wimmelte es von Leuten. Später rettete Ralf ein brasilianisches Pärchen und machte deren Camper wieder flott, dann steuerten wir nach Junin de los Andes, den Kühlschrank wieder auffüllen.

Seit der Grenze waren wir wieder in der Pampa, teils flach, teils bergig, aber immer sehr trocken. Man kann über weite Entfernungen erkennen, wo Seen und Flüsse liegen, weil an deren Ufern Weiden und Pappeln in leuchtendem Grün wachsen. Leider ist alles vielfach eingezäunt, so dass man voller Begierde aufs Wasser gucken, aber doch nicht hingelangen kann. Wir übernachteten an einem Riesenstausee inmitten steiniger Landschaft. Morgens nach dem Frühstück hüpften wir schnell nochmal in Wasser, klar und frisch. Ich freute mich schon auf die Achate in Piedra de Aguila.

Piedra de Aguila war leider eine herbe Enttäuschung. Die Steine waren langweilig, schon gar keine Achate, der Fluss fast ausgetrocknet. Es war wahnsinnig heiß und schwül, und wir hatten Hunger.

Mittags suchten wir nach einem See, den wir in der Karte gefunden hatten. Die Pisten verzweigten sich immer weiter und nahmen kein Ende. Endlich gelangten wir an ein steiniges Gelände von Felsplatten am Seeufer. Der See war trübe und etwas algig und wäre es nicht so heiß gewesen, wären wir sicher nicht darin geschwommen. Weder Wasser noch Umgebung waren verlockend, also brachen wir bald auf. Seit hunderten von Kilometern hatten wir immer wieder angehalten und Steinproben genommen, so auch hier, wo magere Pferde zwischen Stachelbüschen nach Futter suchten. Treffer! Hier fanden wir interessante Steine, Achate waren auch dabei! Trotz aufziehender Bewölkung war es in der Hitze leider keine ungetrübte Freude, Steine zu sammeln, deshalb blieben es höchstens 2 kg, obwohl wirklich tolle Funde dabei waren.

Abends zuckten Blitze, Gewitter und Regen kühlten die Luft etwas ab. Ausgerechnet mitten im – sehr großen – Neuquén fanden wir im Dunkeln einen öffentlichen „Badestrand“ am Fluss zum Übernachten. Menschenleer – wohl wegen des Gewitters. Trotz Großstadt absolut ruhig und verlassen, wir konnten sogar nackig duschen. Am nächsten Morgen streunten drei herrenlose Hunde um unser Auto und bekamen Restbrot und chilenische Leberwurst, die völlig fade und nach Mehl schmeckte, den Hunden aber sehr wohl mundete.

Der nächste Tag verging wieder mit Fahren, bis zum kilometerlangen Strand von Bahia Blanca (Hier hatten wir vor vier Jahren Versteinerungen gefunden). Nach dem heißen Tag plantschten wir lange in den Wellen, im Schein des Sonnenuntergangs. Es war viel los, bis 24 Uhr kamen immer wieder Leute, aber am nächsten Morgen waren wir fast allein. Hinter uns hohe Dünen, vor uns das Meer.

Nachdem wir unseren Zeitplan überdacht hatten, blieb noch ein Tag zur freien Verfügung. Ralf hatte irgendwo mal gehört, dass relativ nah gelegen ein kleines Gebirge, die Sierra de la Ventana, liegen sollte. Unser nächstes Ziel. Nach zwei Stunden Fahrt landeten wir vor einer geschlossenen Schranke. „Zufahrt zum Stausee gesperrt, Eintritt verboten“. Grrrrr. Auf einer anderen Strecke landeten wir in einem bäuerlichen Dorf aus vergangenen Zeiten und mussten uns zur Bäckerei und zum Kaufladen durchfragen. Wir waren verwundert, dass die Zeit hier komplett stehen geblieben war. Kein Internet-Café, keine Tankstelle, keine Sandwiches – nichts. Ralf wollte schon abwinken und wieder zur Küste fahren, aber ich hatte ein dringendes Bedürfnis nach Ruhe und Abgeschiedenheit und setzte mich durch. Wir fuhren weiter Richtung Berge – und landeten nur fünf Kilometer weiter in einem modernen Städtchen. Vier Eissalons mit WiFi, zwei Waschsalons, eine Bank und alle Annehmlichkeiten der Moderne. Seltsam! Kurz hinter dem Städtchen hielten wir nach einem Fluss Ausschau. In der Ferne sahen wir eine Brücke und fanden dort einen feinen Platz mit hohen Weiden, Gumpe – und einer absolut üblen Zufahrt. Mir blieb fast das Herz stehen, als Ralf halb über die steile Böschung, halb über schmale Stege zwischen tiefen Auswaschungen zum Fluss fuhr, ein Rad in der Luft, ich sah schon das Auto auf die Seite kippen – vor meinem geistigen Auge. Mit klopfendem Herzen lotste ich Ralf unter den Bäumen her. Eine perfekte Stelle für einen heißen Tag! Immer wieder rein in die Gumpe, Schwimmtiefe auf 30 Metern Länge, Vogelgezwitscher. Nicht ganz so schön war, dass immer wieder Fahrzeuge langsam über die Brücke kamen und Leute auf uns hinunterstarrten, mehrmals kam auch Angler-Besuch, der nicht lange blieb. Als wir abends ins Städtchen fuhren, um unsere Wäsche in die Wäscherei zu bringen (ich hatte nur noch 2 saubere Unterhosen und kein sauberes T-Shirt mehr), die Fährtickets auszudrucken und Emails zu checken, brach ein wildes Gewitter mit Sturzbächen los. Damit konnten wir unseren schönen Platz vergessen, die Zufahrt war ja schon in trockenem Zustand eine Katastrophe gewesen. Es gab aber noch einen anderen Flussplatz nah der Stadt, mit schönstem Froschkonzert, leider auch mit reichlich Mücken. Seit wir Chile verlassen haben, quälen die Biester uns, lassen sich aber mit Autan in Schach halten.

Der nächste Tag verging mit endloser Fahrerei, abends fuhren wir von der Schnellstraße ab, einen Feldweg entlang und blieben dann am Wegesrand stehen. Es war herrlich ruhig, die Grillen zirpten und im Gebüsch blinkten Glühwürmchen. Der Bauer vom nahegelegenen Hof war auf uns aufmerksam geworden, fuhr ganz langsam ans uns vorbei, kam einen Weile später wieder und hielt an. „Woher? Wohin?“ usw. dann war er beruhigt, wir sehen ja nicht allzu böse aus. Naja, geht so, der Ralf mit seinem Räuberbart…

Weiter nach La Plata, zur Küste. Am Meeressaum ein Streifen lichter Weidenwald, Zelte und Feuer, dazwischen Pferde, Hühner, Truthähne. Wie erwartet war es sehr heiß, sehr voll, sehr laut. Kunsthandwerk, Fressbuden, laute Musik aus dicken Boxen, mit Animation. Das Wasser sah eklig aus, Flussdelta, sehr dreckig (In Google Earth ist dieses Flussdelta mit einem toten Fisch markiert). Der Boden war feucht, sofort fielen uns Mücken an. Wir fuhren weit über das Schild „Durchfahrt verboten“ hinaus bis in ein schattiges Gebüsch. Blöderweise konnte man hier Quads mieten, deren Fahrwege genau über die Sandbank vor uns und durch das Gebüsch hinter uns führte. Kleine Mädchen und kindische Männer knallten den ganzen Tag schlammverkrustet mit diesen Scheißdingern um uns herum. In der Dämmerung wollen wir einen Erkundungsspaziergang machen – wir haben die Wahl: Durchs dichte Gebüsch, durchs eklige Meer oder durch die völlig verschlammten Wege. Dies ging nur barfuß, denn die FlipFlops saugten sich im Schlamm fest. Einige Frösche brachten sich schnell in Sicherheit, während uns der Schlamm durch die Zehen quoll.

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Chiloe und das heilige Sandblech

Chiloe

A: Mit einer kleinen Fähre setzten wir nach Chiloe über. Die Insel ist sehr hügelig und geprägt durch Landwirtschaft, sie wird erst allmählich vom Tourismus entdeckt. Es gibt kilometerweite, einsame Strände, Kies und Sand wechseln sich ab, gelegentlich ragen ein paar Felsen aus dem Wasser. Einer unserer Plätze lag oben auf einer Düne, unter uns das wilde Meer. Die Auffahrt hatte Ralf einige Schweißtropfen gekostet, denn der schwere Sprinter ist nur bedingt dünentauglich. Nachdem er Luft aus den Reifen gelassen hatte, konnte er schlingernd mit hohem Tempo den Dünenkamm entern. Die saftigen Filetstückchen, über dem Feuer gegrillt, mit Salat und kühlem Bier im Sonnenuntergang waren die Krönung.

R:Über Castro geht’s an die Küste im Nationalpark. Hier ist die Gegend der indigenen Bevölkerung vorbehalten. Hier gibt es wieder ellenlange Strände. Einer dient als Zufahrt zum Nationalpark, an dem auf viele Tramper entlang wandern.

R: Der Strand und das heilige Sandblech

A: Die nächste Sandpiste war schon gar nicht mehr als Weg eingetragen. Risiko! Aber nachdem der Sprinter seine Sandtauglichkeit bewiesen hatte, wurde Ralf sehr mutig. Um Gewicht einzusparen, versteckten wir mehrere volle Benzinkanister, einige Wasserbehälter, alle gesammelten Steine und andere schwere Sachen im Gebüsch; Ralf ließ diesmal mehr Luft aus den Reifen und auffi.

R: Zum Test fahren wir die erste Sandauffahrt damit recht langsam. Wenn das klappt, sollte Schwierigeres mit mehr Tempo noch besser klappen. Mit so wenig Luft in den Reifen geht es prima, und wir schlingern durch den weichen Sand die Piste entlang. Sie nimmt kein Ende und wir fahren immer weiter in die untergehende Sonne dem Meer entgehen. Endlich erreichen wir eine festere Stelle vor den letzten Dünen vorm Meer. Hier können wir kurz anhalten und wieder Luft holen. Ufff! Links von uns schiebt sich der Rio Chepe ins Meer. Nun führt der Weg wahlweise über eine extrem steile Düne oder knapp am Meeresufer entlang, wo die höheren Wellen entlangschwappen. Nach einem kleinen Erkundungsgang schien die Küstenpiste tauglich – no Risk no good place! Schon erstaunlich was mit diesem Sprinter geht. Ok, Anlauf nehmen, los!

A: Schlingerschlingerschlinger Scheiße!!!! Und schon hatten wir uns auf einem sehr abgelegenen, völlig einsamen Sandstrand festgefahren, die Reifen richtig tief in den Sand eingebuddelt, so dass kein Hocker mehr zum Aussteigen nötig war. Verdammte Kacke! Zum Glück stand das Auto einigermaßen gerade und weit genug von der Brandung entfernt. Es dunkelte und zum Glück war bereits Tidenhochstand. Ralf berechnete die Ebbe/Flut und stellte den Weckdienst auf 6 Uhr morgens, denn gegen 9Uhr morgens müsste der nächste Tidenhochstand kommen (Dazu durfte es nicht kommen, denn der feuchte Meeressaum war wichtig zum Wenden und Zurückfahren). Es war noch dunkel und sehr kalt, als Ralf in aller Frühe aufstand und anfing zu schaufeln. Nach einer Stunde hatte er alle Räder und die Spur komplett freigeschaufelt und die Sandbleche hinten untergelegt (die warteten schon lange auf ihren Einsatz!). Während der Motor warm lief, tranken wir ein Tässchen Tee. Der große Moment: Wrummwrumm, Start, Vollgas, Scheiße! Kaum, dass die Reifen von den Blechen waren, hatte sich das Monstrum schon wieder eingegraben. Noch eine Stunde schaufeln, immer wieder mit Blick auf den Strand, die Flut kam. In Ermangelung einer zweiten Schaufel grub ich mit einem Essteller. Diesmal hatten wir auch unter dem kompletten Wagenboden alles weggeschaufelt. Zusätzlich zu den Sandblechen legten wir diesmal Holz-Treibgut unter die anderen Räder. Der zweite große Moment: Wrummwrumm – Start – Jaaa! Schnell auf dem Strand wenden, wo der Sand etwas fester war, dann mit Vollgas flüchten! Geschafft! Erstmal mit weichen Knien und ziemlich erschöpft frühstücken! Kurz nach dem Frühstück nervten schon wieder die dicken Stechbrummer, so dass wir alles, so schnell es nur ging, ins Auto luden und zu unserem Warenlager aufbrachen. Dort wieder Stechbrummer, alles in Eile einpacken, dann weiter bis zu einer schattigen Stelle (Die Brummer liebe Sonne), alles ordentlich einladen und sichern, Reifendruck auffüllen usw. Boahh, Abenteuer!

Ralf: Die restlichen Tage auf Chiloe verliefen dazu relativ geruhsam. Wir lernten noch ein nettes Holländerpaar mit ihrem IVECO kennen. Sie luden uns zu sich zum Kaffee ein, denn draußen hatten wieder die Brummer die Lufthohheit. Nach gut zwei Stunden quatschen konnten wir uns dann losreißen. Am Nachmittag erkundigten wir die Halbinsel mit der Pinguinera. Dort finden wir eine schöne Piste an der hügeligen Küste entlang. Dazu geht die Fahrt zuerst über den Strand (offizielle Piste). Später entdecken wir eine Bucht mit Steilküste, die steile Zufahrt lief durch eine Kiesgrube, die die Küstenlinie durchbrach, ein Bach floss an dieser Stelle in die Bucht. Wieder mal ein toller Platz für die Nacht.

A: Nachdem wir die Fähre zum Festland verlassen hatten, verbrachten wir eine letzte Nacht am Meereskanal mit Blick auf die Küste von Chiloe. Morgens konnten wir Robben beobachten – und deutlich bellen und prusten hören.

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El Bolson und die Lagos

El Bolsón, Lago Steffen, Lago Guillermo

In El Bolsón haben wir Gabi besucht, zu unserer Überraschung war aber auch Friedel zuhause, den wir noch kurz vor der Reise in Rade getroffen hatten. Dort war die Stimmung sehr angespannt, weil die beiden sich mitten in einer Krise befinden. Das Wetter war passend: Bewölkt, immer wieder Regenschauer.

Im prallen Sonnenschein zum Lago Steffen (Nationalpark Nahuel Huapi), wie bei der letzten Reise auch. Diesmal war der Campingplatz am Bauernhof aber sehr voll und drei Großfamilien mit vielen, vielen Kindern boten ein pralles Tag- und Nachtprogramm, das sogar Ralf zu laut wurde. Eine zweite Nacht kam deshalb nicht in Frage. In dieser Gegend sind viele Seen, deshalb machten wir See-Hopping, guckten uns alles kurz an und hüpften in alle Gewässer. Beim dritten Lago gab es einen kaum besuchten Campingplatz, sehr vielversprechend – aber keine Dusche und in allen drei Damenklos Kacksprenkel allover. Leider wurde die Nacht dann doch nicht ruhig, weil vis-à-vis bis in die tiefe Nacht gezecht wurde. Mein Wunsch: Chilenische Küste. Die ist sehr weitläufig und ruhig und wegen des rauen Meeres nicht familientauglich. Also haben wir uns aufgemacht, noch ein paar Seeufer eingebaut, und standen 19.30 Uhr vor der geschlossenen Grenze. Gemeinsam mit etwa 10 anderen Autos, die es gar nicht glauben wollten, teils sogar mit laufendem Motor dort standen, denn üblicherweise sind die Grenzen von 8-20 Uhr geöffnet. Also 40 km zurückfahren, neue Schlafplatzsuche, schwierig, weil im Nationalpark. Ein Campingplatz kam nicht mehr in Frage, schließlich verkrochen wir uns in einem dichten Bambusgebüsch am See. Kaum Platz, aus der Tür zu steigen, viele Mücken, aber Ruhe! Am nächsten Tag ging die Reise weiter: Ewig viel Zeit an der Grenzstation verbraten, so schnell wie möglich über Landstraßen und Autobahnen über Osorno nach Puerto Montt. Einkaufen, Essen gehen, erst mal an die Küste, der Südwestzipfel des chilenischen Festlandes. Berg- und Talfahrt durch bäuerliche Landschaft. Es ist Sonntagabend und uns kommen jede Menge Autos auf der Piste entgegen. Unsere Hoffnung auf einen ruhigen Platz schwindet. Doch wir wählen eine kleine Piste Richtung Küste. Sie wird immer enger und unbefahrener bis zu einer steilen Abfahrt zum Meer. Wir können es kaum glauben – ein einsamer, weitläufigen Kieselstrand mit einer felsigen Steilküste zur Rechten. Das Tageslicht reichte gerade noch, um den Tisch zu decken. Am nächsten Morgen fanden wir beim Strandspaziergang wieder sehr schöne geschliffene Marmorsteine, die im mitgeführten Eimer landeten. Leider gab es unzählige orangeschwarze Stechbrummer, die uns in Wolken umschwärmten. Ralf hatte die Fliegenklatsche zum Strand mitgenommen, tötete Brummer am laufenden Band und sammelte gleichzeitig Steinchen. Nachmittags liefen wir ein paar Stunden in die andere Richtung, immer am Meeressaum entlang. Die heftigen Wellen knallten uns immer wieder Kiesel gegen die Knöchel, so dass wir abends überall kleine blaue Flecken und Wunden hatten, aber auch eine schöne Ausbeute an Steinen. Am nächsten Morgen brachen wir auf nach Chiloe.

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Futaleufú

Futaleufú, Grenze, Trevelin, Esquel, Parque National Los Alerces, El Bolson

In Futaleufú übernachten wir an einem kleinen Fluss unter einem Blätterdach und fahren am nächsten Tag über die Grenze nach Argentinien. In den Bergen sehen wir Rauch – schon wieder eine Blockade? Oder ein Brand? Im nächsten Dorf, Trevelin, wird erst mal ausgiebig eingekauft. Handgemachte Ravioli und Tiramisu, Brot und Schinken, Gemüse und Obst. In einem Fischladen kaufe ich Forellen, leider gibt es hier nur gefrorenen Fisch. Ralf besorgt Lammfleisch zum Grillen, schließlich sind wir in Argentinien, da sind Lamm und Rind Pflicht. Ich habe heute Geburtstag, bin aber nicht so gut drauf. Es ist furchtbar heiß, das kann ich gar nicht leiden. Ich wünsche mich in meine kalte Werkstatt. Knapp hinter Trevelin findet Ralf einen schattigen Platz am Fluss. Mit einigen Mühen parken wir unter den Weiden, schön eigentlich – bis auf die Müllhaufen. Kurze Zeit später tauchen die ersten Einheimischen auf, wandern um das Auto herum – wir stehen blöderweise direkt an einem Pfad, der zu einer Gumpe mit Sandstrand führt. Wenig später läuft eine komplette Schulklasse an unserem Lager vorbei. Buenos dias, buenos dias! Dann ein Vater mit seinen Söhnen, deren alte Schrottkarre nur einige Meter entfernt parkt. Wegen der offenen Fenster, dem Duftbäumchen am Rückspiegel und der sengenden Sonne auf dem schwarzlackierten Auto wabert ständig ein feiner Klosteinduft zu uns herüber. *grrrrr* Etwas später kommen ein paar Schüler und hätten gerne heißes Wasser für den allgegenwärtigen Matetee. Später kommt die Lehrerin Nachschlag holen. Als endlich alle weg sind, schneide ich Ralf‘s Haare und Bart und wir grillen das Lämmchen im Mondenschein. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück können wir nackig in die große Gumpe hüpfen, wir ganz allein. Unser Spiel: Wir hüpfen an einer Biegung ins Wasser, die starke Strömung reißt uns ein paar Meter mit. Immer wieder und wieder, kein Wunder, dass die Schulklasse sich diesen Platz ausgesucht hatte!

Als wir weiterfahren, ist es noch halbwegs kühl, das ändert sich aber leider schnell. Ralf will die Piste zum NP nehmen, aber dort hat es gestern Abend gebrannt (daher der Rauch!) und nicht alle Teile sind zugänglich. Der Eintrittspreis wird aber trotzdem nicht reduziert. Dann eben nicht. Der orkanhafte Wind, den ich sonst gar nicht leiden kann, erlöst uns vom der schlimmsten Hitze, weht aber so heftig durch das Auto, das vor der Nase kaum Sauerstoff verbleibt. Bald endet der Asphalt und wir fahren Piste. Es ist sehr trocken und sehr staubig und dauernd muss wegen entgegenkommender und überholender Fahrzeuge das Fenster hoch gedreht werden, wir schwitzen bei 50° in der Kabine. Grau-en-haft! Als wir abends um 19 Uhr endlich im NP ankommen, hüpfen wir sofort in den See. Der Campingbereich ist aber schräg, stark belegt und ohne Schatten, also noch weitere 30 Km Piste zu einem anderen Platz. Dort kommen wir gegen 21 Uhr endlich an. Der Wind stürmt heftig und treibt dicke Wolken heran. In der Nacht regnet es, Ralf merkt davon nix und die Stühle stehen noch draußen! Ist ja dunkel: Nackt, wie der Herr mich schuf, springe ich aus dem Bett, schaffe die Stühle ins Auto und krieche wieder unter die Decke.

Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt, es ist kühl, aber windstill. Nach dem Frühstück springen wir in den See, ganz schön frisch, meine Herren! Heute stehen Reparaturen an, Aufräumarbeiten, Blogtexte schreiben. Ein junger Mann bittet Ralf inständig, nach El Bolson mitgenommen zu werden. Die Hand, die er Ralf zur Begrüßung geben will, ist total verdreckt, verschämt zieht der Bursche seinen Ärmel darüber. Der See war ihm wohl zu kalt zum Waschen! Er hat zwei Freunde, die auch mitfahren wollen. Nach ein paar Stunden fahren wir los, halten in einem Dorf zum Einkaufen, essen ein paar Teilchen und kündigen uns mit dem Handy der Jungs bei Gabi und Friedel in El Bolson an. Als die drei Burschen in der Dorfmitte aus dem Auto steigen, ist unser Bett ganz schmutzig, die Rucksäcke hatten darauf gelegen. Aber Gabi hat ja eine Waschmaschine. Wir machen noch ein schönes Erinnerungsfoto. Einer der Jungs ist Akrobat und wird in ein paar Tagen im Zirkus auftreten, wir sollten doch kommen, meint er. Abends gegen 22 Uhr sind wir endlich bei Gabi und Friedel angekommen. Hier bleiben wir die nächsten zwei Tage.

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Valle Mirta

La Junta, Valle Mirta, Lago Claro Solar (Bauernfamilie)

Am nächsten Tag kommen wir über La Junta, wollen Strecke machen. Wenn da nicht eine kleine Piste in die Berge abgehen würde, nicht auf der Landkarte, aber auf Ralfs GPS-Karte, mit dem verheißungsvollen Namen Valle Mirta. Die Piste führt in eine alpine Landschaft mit vereinzelten Bauernhöfen, die Sonne scheint, es ist sehr schön, wird aber immer heißer. Bei 35° im Schatten lagern wir bis 20 Uhr abends an einem kleinen, klaren, schnellen, saumäßig kalten Gebirgsflüsschen, dem Rio Mirta. Jede Stunde tauchen wir für ein paar Minuten ein, um schnell wieder herauszuspringen, denn in diesem Fluss fließt Gletscherwasser. Gegen Abend naht eine chilenische Familie und Schluss ist mit Nackedei. Wir wickeln uns in aller Eile in Handtücher, weil diese freundlichen Menschen sofort herüberkommen, um uns zu begrüßen. Als es kühler wird, wollen wir noch ein paar Kilometer machen.

Nur wenig weiter: An der Piste steht ein einfaches Holzschild: Zugang zum Lago Claro Solar. Da muss man doch mal gucken, meint Ralf. Zäune verschiedenster Arten, am beeindruckendsten ist ein Tronco-Zaun aus meterdicken Baumabschnitten. Das dicke Schwein dahinter dreht mir seinen fetten Hintern zu und hört nicht auf „Dutzidutzi“ und andere liebevolle Zurufe. Währenddessen hält ein Pick-Up neben uns. Zwei Männer fragen nach dem woher und wohin und bestätigen, dass es hier zum See geht. Ein Stück weiter hält der jüngere uns sogar das Gatter auf. Die beiden scheinen auch zum See zu wollen. Sie ruckeln sachte vor uns her, wieder ein Gatter, dann fährt der Ältere zu einem Wohnhaus. Der junge Mann geht uns voraus über eine Viehweide, bis zum Seeufer, zwei Boote dümpeln in der kleinen Bucht. Es stellt sich heraus, dass wir gerade den Besitzer samt Schwiegersohn kennengelernt haben. Um die Konditionen zu klären, begleiten wir Patricio samt inzwischen eingetroffenem Töchterchen Alison-Daniela und Pudel Augustin zum Wohnhaus. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, auf zwei fetten, ausgelutschten Sesseln Platz nehmen und bekommen von der Hausfrau ein Getränk und ein frittiertes Brötchen gereicht. Nacheinander betritt die Restfamilie den Raum und wir hieven uns jedes Mal mühevoll aus dem Sessel und werden von jedem einzelnen geherzt und abgeküsst. Insgesamt 6 mal. Smalltalk, dann bekommen wir Essen, heiße Dusche, Gästezimmer, Frühstück, Bootstour samt ruderndem Vater angeboten, lehnen aber alles ab und gehen zum See. Es ist schon spät, fast dunkel. Eine Bootstour wäre nett. Wir schieben das Ruderboot ins Wasser und mein Kavalier schnappt sich die Ruder. „Ich stake uns damit raus!“ Leider liegen in der kleinen Bucht jede Menge Baumstämme und dicke Findlinge, nur ein schmaler Durchgang ist frei. Den kann man aber im Halbdunkel nicht erkennen. Wir hängen schließlich auf einem Baumstumpen fest, wegen dem ganzen Schilfzeug kommen wir weder vor noch zurück, und als wir endlich im Vollmondschein auf den See hinauspaddeln, ist es komplett dunkel geworden.

Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, als ich gerade mein Würstchen im Gebüsch abseile, erscheinen die Frauen. Ich schaffe es gerade noch, mir die Hose hoch zu ziehen und schon werde ich herzlich begrüßt. Die Boote sollen geschrubbt werden, damit wir es schön haben. „ Nicht nötig, wir waren doch gestern Abend schon auf dem See usw.“, aber der Reinigungstrupp lässt sich nicht abhalten. Etwas später kommen wir zum Wohnhaus hoch und wollen unsere Bootstour bezahlen. Enttäuschte Gesichter. Wie, wir wollen fahren? Jetzt schon? Dazu muss man sagen, dass die hiesigen Bauern sehr weit abgelegen von sämtlicher Besiedelung liegen und mit wenigen Tieren und Selbstversorgung kaum Geld erwirtschaften können. Der Vater hätte z.B. gerne Geld verdient, um sich einen Zahnersatzanfertigen zu lassen – nehme ich jedenfalls an. Mit den acht Restzähnen in seinem Mund war jedenfalls nicht viel mit Kauen. Die Situation war irgendwie ein bisschen peinlich, aber der Platz war einfach nicht schön genug, um unseren Ansprüchen zu genügen: Mieser Seezugang, schräger Standplatz, kein Seeblick, keine Badebucht, die ganze Nacht Muhen und Bellen und jede Menge Insekten…

Bei der Weiterfahrt landen wir nach einigen Kilometern mal wieder vor einer Brücke mit Höhenbegrenzung – natürlich wie immer ohne Hinweisschild – so dass wir den kompletten Hinweg wieder zurückfahren müssen. Obwohl wir schon fast beim nächsten Dorf angekommen waren. Und die Piste wird auch noch frisch gegradet (gepflügt, geeggt und wieder geglättet), zum Glück lässt der Grader uns bald vorbei und wir zockeln Richtung Futaleufú.

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Queulat

Queulat-NP mit Hängegletscher

Am Folgetag geht’s über Manihuales nach Norden. Zwischendurch eine kleine Gumpenpause am Fluss, denn es ist wieder sehr warm – zumindest die Luft, das Wasser weniger *brrrrr*. Weiter im Queulat-Nationalpark stellen wir uns wieder mal in einen Stau. Die Straße ist wegen Sprengarbeiten von 13-17 Uhr gesperrt, es ist 15 Uhr. Die Piste ist heiß und staubig, kein Schattenplatz in Sicht, aber in der Kurve führt ein kleiner Weg zu einem Wasserfall, dort ist es schattig und kühl. Auf der Aussichtsplattform lernen wir eine Gruppe Israelis kennen, etwa in unserem Alter, alle sprechen Englisch. Sie erzählen, dass in Israel jeder, egal ob Junge oder Mädchen, nach der Schule drei Jahre Militärdienst leisten muss und die meisten jungen Leute danach ein Jahr Urlaub machen, unter anderem in Latinoamerika. Dass viele junge Israelis in Berlin leben. Zeigen uns Fotos ihrer Wanderungen, sehr sportlich, die vier. Wir geben noch einen kühlen Kiwisaft aus und winken uns zum Abschied, denn endlich geht es weiter. Im Kern des Nationalparks strahlt uns der Hängegletscher in vollem Sonnenlicht an. Ein 3-stündiger Weg führt zur Aussichtsplattform, keine Chance, schon 19 Uhr. Ein 45-minütiger Weg führt zum Gletscher-See, den nehmen wir. Leider sind wir zu spät, um mit einem Motorboot nah an den Gletscher herangefahren zu werden, Ralf ist traurig. Zum Übernachten fahren wir raus aus dem NP, denn der Campingplatz ist uns zu teuer. Wir hatten auf dem Hinweg einen Platz gespeichert, in einer Kehre der alten Piste. Dort haben wir eine tolle Aussicht auf den Fjord mit herrlichem Sonnenuntergang. Am nächsten Morgen schwimmt während des Frühstücks eine Gruppe Delphine vorbei.

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Marmorgrotten

Chochrane – Rio Baker – Marmorfelsen – Coyhaique

Über Cochrane fahren wir am Rio Baker entlang, einem unglaublich blauen Fluss mit Stromschnellen. Ralf ist ganz verliebt in diese leuchtende Farbe und muss immer wieder anhalten und gucken. Irgendwann gelangen wir wieder zu den Marmorfelsen, diesmal wollen wir es packen! Leider fängt es sachte an zu regnen und hört auch nicht mehr auf. In Regenklamotten und (vorgeschriebenen) Rettungswesten lassen wir uns zu den Felsdomen schippern und sehen am Strand sogar ein Huemul, eine Art Reh, das hier sehr selten ist. Der Bootsführer zückt sofort sein Handy und macht mit uns zusammen Fotos. Der Wind weht ordentlich und das leichte Aluboot liegt nicht besonders gut auf den Wellen. Wir müssen uns mehrmals umsetzen, damit d as Gewicht gleichmäßig verteilt ist.

So langsam kennen wir uns gut aus in Coyhaique, von allen größeren Städten die netteste. Wir waren mal wieder im Waschsalon, in unserer Stammbäckerei, auf der Plaza zum Internetten. Wir haben an einem Fluss inmitten von Weidengebüsch übernachtet, eigentlich schön, bis auf den vielen Müll. Jetzt soll es weiter gehen – eigentlich. Aber schon nach vierzig Kilometern finden wir einen angenehmen Platz für die Mittagspause. Es ist sehr warm, ein schattiges Plätzchen ist gefragt. Der Fluss schlägt einen großen Bogen und hat viel Sand abgelagert, so dass ein großer Strand entstanden ist. Mächtige Baumstämme liegen an einer Uferseite, dazu hellgrüne Weiden, sehr hübsch. Einige andere Leute haben sich hier ebenfalls niedergelassen, aber es gibt genug Platz für alle. Wir parken an einem Hang oberhalb. Vor 4 Jahren stand hier noch eine Hausruine, von der nur noch die Bodenplatte geblieben ist – und der verwilderte Garten! Eigentlich hatte ich nur ein verschwiegenes Kackplätzchen gesucht, bin aber durch den herrlichen Duft auf die Himbeeren aufmerksam geworden. Ich pflücke mehrere Behälter voll, während Ralf ein extrem spannendes Buch liest und gar nicht mehr aus seinem Stuhl kommt. Wir bleiben über Nacht.

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Caleta Tortel

Eine Stadt ohne Autos? Kann man sich das vorstellen? Dann noch an der Küste mit rauf und runter? Vermutlich nicht so ohne weiteres – denn wie soll das gehen? Wie kommt die Feuerwehr zum Einsatzort? Wie kommen die Kinder zur Schule? Hier in Caleta Tortel geht alles zu Fuß. Ok, die Feuerwehr hat auch noch ein Boot. Die Häuser stehen auf Stelzen und sind direkt ans Meer gebaut. An den Hausbaustellen staunen wir über die Konstruktion der Häuser. Es ist ein enges Fachwerk mit ca. 70mm Kanthölzern. Außen mit OSB beplankt, innen mit Presspappe. Auch zweistöckige Häuser bekommen keine dickeren Querschnitte spendiert. Da frage ich mich, warum bei uns die Balken alle doppelt so dick sein müssen? Der Ort säumt eine Fjordbucht, somit ist sie vor den Wellen des offenen Pazifiks geschützt, aber Ebbe und Flut sind auch hier sichtbar. Die Abwassersammeltanks an der Küste sind allerdings neu. Die gab es bei meinem letzten Besuch noch nicht. Die Häuser sind untereinander durch ein Netz von Laufstegen, auch auf Stelzen, erreichbar. Auch hier gibt es Schulen, Kindergärten, Stadtverwaltung, Polizei, Feuerwehr, etc. – wie in einer richtigen Stadt. Sogar das Flugfeld in ca. 3km Entfernung hinter dem Berg ist über solch einen Laufsteg erreichbar. Alle Autos werden auf einem Platz vor dem Ort geparkt. Leider ist das Essen recht teuer, aber der Wildlachs aus dem Rio Baker mit Reis, welcher sogar mit Kräutern garniert ist, schmeckt hervorragend.

Wir lernen noch einen Deutschen kennen. Er ist mit einer kleinen Gruppe mit zwei Zodiak-Motorbooten unterwegs. Sie wollen in 6 Wochen die komplette südchilenische Fjordküste entlang bis Kap Horn fahren. Mal eine andere Art zu Reisen.

Auf dem Weg hierher war das Wetter blöderweise bedeckt, und die tollen schneebedeckten Berge fast nicht zu sehen. Da keine Wetterbesserung in Sicht, drehen wir hier ab und fahren nicht wie geplant bis Villa O’Higgins, dem Ende der Carretera Austral. Zurück in Cochrane ist zumindest dort wieder herrliches Wetter und wir finden einen versteckten Strand am Lago Cochrane.

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Coyhaique – Kurz vorm Ende

Cochrane (Chile) – Kurz vorm Ende der Carretera Austral

In Cochrane parken wir an der Plaza, Ralf nutzt das freie Internet, ich gehe einkaufen. Hier gibt es den tollsten Supermarkt von ganz Chile! Ralf kennt ihn noch von seiner ersten Reise: Ringsum Theken aus Holz und Glas, die Verkäufer holen jedes einzelne Teil aus dem Lager oder den rückwärtigen Regalen. Inzwischen ist modernisiert worden, in der Ladenmitte stehen dicht gedrängt Selbstbedienungsregale. Was es hier alles gibt! Eine Vitrine mit Waffen, Kleinmöbel, Kettensägen, Flaschenzüge bis 20 Tonnen, Kochtöpfe, Obst, Lebensmittel, Stoffe, Schuhe, Kosmetik, Geschirr, Geschenke, Schulbedarf – wirklich alles, und noch viel mehr. Sagenhaft. Außerdem gibt es hier das leckere Kunstmann-Bier in den Sorten ‚Miel‘ und ‚Arandano‘ (Heidelbeere).

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